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Tuesday, July 31, 2012

Flughunde

Ein guter Freund bemerkte vor einiger Zeit mit Erstaunen, daß ich ja überhaupt keine modernen Autoren lesen würde. Ganz Unrecht hatte er wahrlich nicht, Marcel Beyers Flughunde repräsentiert deswegen hier wohl eine wohltuende Ausnahme (ähnlich wie Clemens Mayer vor einigen Monaten). Ich hatte Beyers Roman auf einer Liste (in der taz?) der relevantesten deutschsprachigen Werke der letzten Dekade gefunden, er erzählt die sich überkreuzende Geschichte eines unpolitischen aber sowohl opportunistisch als auch humanistischen Tontechnikers und der ältesten Tochter Goebbels von ihren Eltern im Führerbunker ermordet. 

Dies ergibt ein wenig nachvollziehendes, sich nur schwer erschließendes Buch, dominiert von einer sich fanatisch mit Stimmen und Geräuschen beschäftigenden Hauptperson. Der Leser (ok, ich) fragt sich vor allem zu Anfang was Beyer mit seiner Verquickung der realen Helga Goebbels und des fiktiven obsessiven Tontechnikers eigentlich bezweckt. Leider muß ich zugeben, daß ich mir dies auch am Ende des Buches noch nicht erschlossen hatte, aber irgendwann im Laufe meiner Lektüre war die Frage einfach nicht mehr relevant gelesen. Auf eine bizarrskurrile Weise, die ich mit Worten immer noch nicht wirklich begreifen kann, gelingt es dem Autor ein Verständnis des Lesers für die Atmosphäre der Romanszenen zu entwickeln, welche dem Roman ihren Sinn gibt, welcher sich auf einer rein logischen Ebene (inklusive tontechnischen Details) nicht unbedingt erschließen läßt.

Monday, July 23, 2012

All the Pretty Horses

Cormac McCarthy's books were one of those too popular with hip people items I ignored during my school and university days - which I guess makes me a hipster really, except that I take care not to be hip enough to be a hipster, so where ever that leaves me. In this case I was terribly wrong. All the Pretty Horses easily was one of the better books I have recently read. McCarthy portrays a 16-year old boys quest for a life in the past, leading him and a friend on horseback into Mexico, in their backs a much more modernized United States. The novel is heavily populated with characters such as him - Faulknerian I would say or maybe simply human? - who act in a certain way not so much because they should or even - sometimes - want to, but because they simply have to and the consequences of these actions are nothing but an accepted byproduct. A beautiful novel about a man's (boy's) essential loneliness, his incapacity to fit in his own world, and his attempts to lead the kind of life he wants elsewhere.

Friday, July 20, 2012

Rappen lernen

Rappen lernen von Mark Greif ist ein kurzweiliges kleines Heftlein, in welchem der weiße Autor seine späte Bekehrung zum Hip Hop erläutert, welche er durch den Versuch Rappen zu lernen zum Ausdruck brachte. Greif sieht Rap als ultimative Individualisierung, Kapitalisierung der schwarzen Minderheit, welche Gedanken kollektiven Aufstiegs (à la Booker T Washington) aufgegeben hat und sich auf seinen eigenen Wohlgang konzentriert. Rapmusik ist für ihn eine Art Fortsetzung des Crackdealens der 80er Jahre mit anderen Mitteln. I'm overcharging niggas for what they did to the Cold Crush. Pay us like you owe us for all the years that you hoed us. We can talk, but money talks, so talk mo' bucks. Rappen lernen ist wirklich eine Liebeserklärung an eine Musikrichtung, die auch ich als weißer Europäer (fast) zu spät schätzen lernte, in der Greif aber auch versucht sich der Frage zu nähern, warum (amerikanischen) Weißen seiner Generation der Zugang zu der Musik so schwierig war (ein Stichwort: das Wort Nigger). Wirklich lohnenswert.

Les Lotophages

Un résidu de mon séjour en Grèce l'année passée, Les Lotophages a été écrit par le rare - au moins aujourd'hui - homme politique écrivain, Vassilis Vassilikos. Il y raconte dans un drôle de mélange l'histoire d'une ville sur une île grecque qui découvre le tourisme, les efforts des kamakias (dragueurs de touristes) d’être reconnu en tant que profession, et les efforts homme-femme plus généralement. Ceci fait un livre plein de cul mais aussi rempli des bons mots sur des relations intersexuelles ainsi qu'intéressant pour ceux peu au courant de l'histoire de la Grèce moderne (meme si The Third Wedding Wreath est une meilleure source de ce point de vue).

Sunday, July 01, 2012

How to Run the World

Parag Khanna's How to Run the World - Charting a Course to the Next Renaissance was hyped as one of the major international relations books of 2011 last year. Khanna puts forward today's world as a neo-medieval one, where no single nation state can anymore rely on itself to police the world, let alone run its own diplomacy. He proposes instead a reliance on increased private-public partnerships even individual contributions in what he calls mega-diplomacy. While I agree with most of his ideas - notably on the dépassement of the nation state and the relevance of new private actors - whether they be NGOs or multinational corporations - I thought his charted course lacked in depth. He at times embraces too singlemindedly and enthusiastically examples of successful private-public partnerships and initiatives. I understand his emphasis of these developments in an American context where the - theoretical - belief in the power of the state - in foreign policy only ironically - is still far too prevalent. Robert Cooper's differentiation of the world into pre-modern, modern, and post-modern spheres come to mind here. Yet, I am far from convinced that his individual examples are necessarily relevant models for the whole world or whether they don't remain far to rare and to some extent based on individual or corporate goodwill. It seems obvious though that this will to do good is not always present or might make no economic sense at times and what then?

His is a great book for those still convinced of a 20th - or even 19th century - view of the nation state as the sole seat of power and authority, yet I felt disappointed in its outlook towards the future that the painted far too rosy and without taking into account potentially disastrous consequences of the continuously growing power of non-state actors.

Die Sonnenblume

Weiter auf der Entdeckungsreise des Orients, der arabischen Welt, was auch immer das genau heißen soll, nun also meine erste palästinensische Autorin, Sahar Khalifa, übrigens auch die erste Muslima, welche ich gelesen habe. Die Sonnenblume behandelt die sich überschneidenden Geschichten verschiedener Bewohner Nablus mit einem Schwerpunkt auf drei weiblichen Figuren. Sowohl die weibliche als auch die palästinensische Perspektive - ohne blinden Hass oder antisemitischer Rhetorik - ergeben einen unglaublich interessanten Einblick in eine eingepferchte, machtlose Gesellschaft, in ihrer religiöstraditionellen Verschlossenheit und Scheinheiligkeit, aber auch in ihrem letzten Endes nutzlosen Kampf ihrer Bürger für sich eine bessere Welt zu erkämpfen.

Khalifa zeichnet diese Gesellschaft in - fast - ihrer gesamten Breite - seltsamer Weise läßt sie islamistische Fundamentalisten weitestgehend außen vor. Ihre wichtigsten Figuren sind eine Gelegenheitshure, welche ihrem erkrankten Mann hierdurch seine teuren Medikamente ermöglicht, die Witwe eines Märtyrers des Widerstandes, welche ihre Kinder alleine hochzieht und aufgrund ihrer Eigenständigkeit als unmoralisch angesehen wird, und schließlich ein intellektuelle, emanzipierte Journalistin, die mit dem Dilemma der lieben wollenden, 'besessen' werden wollenden aber aufgeklärten, gebildeten Frau zu kämpfen hat. Hinzu kommen unter anderem ein politisch engagiertes Brüderpaar, der eine als Schreiber, der andere als Widerstandskämpfer, und der Chefredakteur einer demokratischrevolutionären Zeitung, der mit seiner Autorität und der Finanzierung seiner Zeitung zu kämpfen hat.

Khalifa bringt dem Leser die Palästinenser näher, nicht als abstrakte Leidende, sondern als lebende, atmende, zweifelnde aber kämpfende - gegen das Leben, ihre Gesellschaft, die israelische Besatzung - Individuen, die sich einer furchtbaren Situation anpassen.