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Thursday, December 13, 2007

Churchill

Ich habe als Jugendlicher sehr viele Biographien gelesen, vor allem historische über Tecumseh, Hannibal und ähnliche Helden. Churchill war nicht unbedingt Teil meines heroischen Kanons, der Grund, weswegen ich das Buch las, lag allein beim Autor, Sebastian Haffner. Ich habe nämlich, wenn ich mich recht entsinne, noch kein schlechtes Buch von ihm gelesen, seine historischen Betrachtungen sind zwar zum Teil stark simplifiziert und vor allem wohl zu sehr auf historische Persönlichkeiten als institutionelle, wirtschaftliche oder politische Umstände bezogen. Aber trotzdem, oder gerade deswegen, macht es immer wieder Spaß etwas von ihm zu lesen. Nicht nur, weil seine Argumentation letzten Endes meistens überzeugt.

Winston Churchill also, ich wußte nicht viel über ihn, außer die Schlagwörter Premier Englands im 2. Weltkrieg und abgewählt vor Ende des Krieges, Haffner hat ihn mir näher gebracht. Ich war zum Beispiel geschockt von seinem Alter, mir war nicht klar gewesen, daß er in England im Prinzip seit der Jahrhundertwende einen gewissen Bekanntheitsgrad inne hatte, im 1. Weltkrieg schon Kriegs- und Rüstungsminister gewesen war. Außerdem war mir seine Bedeutung als Journalist und Historiker nicht klar – interessanterweise in diesen Betätigungen dem Porträtierenden ähnelnd. Das Buch war also perfekt geeignet als Kurzbiographie (nicht mal mehr 200 Seiten) und ist unbedingt empfehlenswert.

Schade fand ich nur, daß Haffner viele Dinge anspricht und nur wenige weiterspinnt, wohl hauptsächlich aus Platzgründen. So betont er, daß der Churchill 'der zwanziger Jahre ein Faschist [war], nur seine Nationalität verhinderte, daß er es auch dem Namen nach wurde.' Ich kann mir hierüber natürlich kaum ein Urteil erlauben, hätte es aber für nötig befunden, solche Aussagen ein wenig stärker zu belegen und erklären.
Abschließend läßt sich sagen, daß Churchill wohl der Typ rechter harter Hund war, welchen ich in der heutigen Politik verachten würde (Franz Josef Strauß vielleicht, oder Joe Lieberman). Nun kann man darüber diskutieren, ob Notzeiten wie die Englands 1940 einen solchen Typ geradezu verlangen – die Römer hatten nicht grundlos eine Diktatur auf Zeit in Kriegszeiten – und deswegen ist es eigentlich unmöglich für mich von meiner ursprünglichen Sympathie von Churchill wegzukommen. Auch gerade weil dieser in seiner Jugend einen sehr bravourösen Eindruck macht. Aber dies ist ja auch nicht unbedingt nötig, angesichts der Tatsache, daß Haffners Argument ohne Churchill wäre es möglicherweise zu einem traurigen und desaströsen Frieden Englands und Deutschlands gekommen durchaus Sinn ergibt.

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