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Friday, July 07, 2006

Midnight Shift

Buddy Holly - Midnight Shift

Finde es ganz interessant, daß die Deutschen es super finden, daß 'wir' 'endlich' wieder Nationalstolz haben (ob diese ganze Deutschlandparty irgendwas mit Nationalität zu tun hat wäre natürlich erst noch zu beantworten, es gibt wohl eine ziemlich starke Gruppe unter den Rechten denen dies alles eher suspekt ist, weil es nicht erhaben genug sei), dabei aber vollkommen ignorieren was eigentlich der Rest der Welt darüber denkt. So gut wie jede Zeitung schwappt über vor Selbstbeweihräucherung wie gut alles läuft hier (nur in Bezug auf die WM leider, aber dann wen interessiert schon eine Gesundheits- oder Föderalismusreform, ist ja nun nicht so als ob die irgendwelche Auswirkungen auf uns hätten). Die Zeit geht wenigstens kurz auf andere Länder ein, in ihrem Leitartikel schreibt sie, daß "das Ausland durchweg wohlwollend [...] [Beifall klatscht]: Endlich habt ihr euren Frieden mit euch gemacht".

Ich lese jetzt leider nicht allzu viele ausländische Zeitungen (die NZZ, NY Times, Economist mehr oder weniger regelmäßig), aber anders als Christof Siemes dies auf Seite 1 der Zeit behauptet, scheint 'das Ausland' nicht wirklich so locker zu reagieren.

Wer die Menge an Beschimpfungen Italiener nach dem Halbfinale gehört hat (bin fast in eine Schlägerei gekommen, weil ich einem Kerl 'Ohne Deutschland fahren wir nach Berlin hinterhergerufen habe weil dessen 'Scheiß Spaghettifresser' Kommentare - gelinde gesagt - angekotzt haben), sollte da auch nochmal drüber nachdenken. Was war der größte Schlachtruf der deutschen Fans nochmal? Siehe oben und ersetze Deutschland mit Holland. Soll das ein positiver Nationalismus sein? Und warum wurde die italienische Nationalhymne nochmal ausgepfiffen? Weil Frings angeblich wegen eines italienischen Fernsehsenders gesperrt wurde? Ist das nicht die Aufgabe der Medien? Die Aufdeckung solcher Aktionen? Wie es das deutsche Fernsehen es übrigens auch mit Peter Crouch nach dessen Tor gegen Trinidad & Tobago gemacht hatte. Wer ist denn Schuld daran, daß Frings dem Argentinier über den nicht vorhandenen Bart streicht? Das Italienische Fernsehen oder Torsten Frings?

Letztendlich, ich weiß nicht wieviele von Euch die 'Glosse' über die Italiener auf Spiegel.de gelesen haben (ich ursprünglich nicht, mußte ihn mir raussuchen, denn inzwischen hat sich der Spiegel entschuldigt und den Artikel aus dem Netz genommen). Lest Euch das aber mal durch. Soll das witzig sein und ist das unser neuer Patriotismus? Die anderen sind alle doof, aber wir sind ganz toll. Das ein Deutscher sich über Schwalben echauffiert sollte in Bezug auf '74 und '90 sowieso echt unterbleiben.


Der italienische Mann, nennen wir in Luigi Forello, ist eine parasitäre Lebensform. Er ist nicht in der Lage, ohne fremde Hilfe zu überleben. Irgendwo saugt er sich immer fest. Und dann lässt er sich fallen. Gern auch auf dem Fußballplatz. Luigi Forello ist fortgesetzt damit beschäftigt, seine Hilflosigkeit zu zeigen. Das fängt schon beim Namen an. Wer nicht Luigi heißt, hört auf "Andrea" oder "Luca".

Luigis vorrangiges Lebensziel ist das Vermeiden von Anstrengung. Liebstes Wirtstier ist "La Mama", seine großbrüstige Erzeugerin, die ihm seine halbseidenen Socken wäscht und jeden Tag Nudeln kocht, mit dick Soße drauf. Wenn er ungefähr 30 Jahre alt ist, wechselt der italienische Mann die Köchin. Er heiratet, um sich fortzupflanzen. Die Folgen sind grausam. Eine ehemals strahlend schöne Italienerin verwandelt sich binnen weniger Monate in eine breithüftige Küchenmaschine - eine neue Mama. Das ist ihm aber egal, denn Luigi ist mit der Teilnahme an einem Autokorso beschäftigt, sofern sein klappriger Fiat es bis dahin schafft. Zum Essen ist er aber wieder da.

Beim Sport ist unser Luigi besonders tückisch, wie man jedes Jahr millionenfach an den Stränden der Adria beobachten kann. Er braucht Stunden, um seinen schmächtigen Körper und das Haupthaar einzuölen, seinen Rücken von Fellresten zu befreien und sein wenig spektakuläres Gemächt in eine viel zu enge Badehose zu stopfen. Dann stolziert er stundenlang umher, um schließlich maximal fünf Minuten beim Strandfußball mitzumachen. Er springt wie ein Wahnsinniger umher, imitiert brüllend Gesten, die er im Fernsehen gesehen hat, trifft den Ball höchst selten, die Knochen der anderen dafür umso härter.

Weil er schnell erschöpft ist, genügt ihm die leiseste Berührung eines Gegners, um melodramatisch zu Boden zu gehen. Noch im Stürzen wirft er einen Blick ringsum, ob im Publikum genügend Menschen sind, insbesondere Frauen, die ihn bemitleiden und wieder aufpäppeln. Schmachtende Blicke deutscher Urlauberinnen sind die Lebensgrundlage des italienischen Mannes.
Insofern geschah gestern nicht Ungewöhnliches. Fabio Grosso fiel im Strafraum und grinste noch im Fallen. Der nicht minder ölige Francesco Totti verwandelte dann den Elfmeter gegen Australien. Danach lutschte er am Daumen. Das ist normal bei italienischen Männern. Es war wie immer. Am Freitag werden die kickenden Holzfäller aus der Ukraine eingeölt und angeschmiert. So schlawinern sich die Italiener mal wieder bis ins Halbfinale. Dann, liebe Luigis, ist allerdings Feierabend. Wir haben da noch ein paar Rechnungen vom letzten Italien-Urlaub offen.

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