Wie beschreibt man einen Georg K. Glaser am besten? Vielleicht könnte man ihn als eine Art deutschen, proletarischen Malraux oder Neruda nur ohne den ganzen großen beruflichen und literarischen Erfolg bezeichnen. Geboren im rheinhessischen Gunterblum als Teil einer Großfamilie dominiert vom grausamen Vater, flüchtete sich der heranwachsende Glaser vor dem schlagenden pater familias auf die Straße und verbrachte wohl den Hauptteil der 20er Jahre als Herumtreiber, als Stromer, als Ur-Bohèmien sozusagen nicht durch freie Wahl, sondern seine Lebensumstände, bzw in Erziehungsanstalten eingewiesen. Er begann mit kommunistischen Jugendgruppen zu sympathisieren und nahm Teil am unseligen Straßendreikampf zwischen Polizei, SA und Kommunisten. Im Gefängnis wegen Gewalt gegenüber eines Polizisten schrieb er seine ersten Texte um zu einem von der kommunistischen Bewegung tolerierten, wohl nicht akzeptierten, Literaten zu werden ("On me laissait la liberté du fou - mon livre n’était pas conforme à la ligne. Néanmoins, ils l’ont publié.") als welcher sich einer Mischung aus Journalismus und Literatur bediente, welche ich eher mit späteren Autoren wie Norman Mailer verbunden hätte - Stichwort: the novel as history, history as a novel. Nach der Machtergreifung (-ernennung?) Hitlers und einigen erfolglosen Versuchen den Widerstand zu organisieren floh er in das Saarland, welches kurz vor der Abstimmung über seine Eingliederung ins Reich stand. Das Resultat der Abstimmung im Gefängnis erfahrend flüchtete er sich mit viel Glück nach Paris. Anders als viele seiner Zeitgenossen integrierte er sich in seinem Exil, wurde Franzose und heiratete eine Französin. Mit dem Kriegsbeginn 1939 in die französische Armee eingezogen war er in Dunkerque, nur um später in deutsche Gefangenschaft zu geraten und die Zeit bis 1945 in Kriegsgefangenschaft in Deutschland arbeitend zu verbringen. Landesverrat bzw Spionageverdacht zwangen ihn sowohl vor den Gefangen wie den Bewachenden seine wahre Identität zu verheimlichen. Glaser ließ sich nach Kriegsende in Paris nieder und arbeitete die Jahre vor seinem Tod 1994 im Marais als Kunsthandwerker.
Geheimnis und Gewalt ist die literarische Aufarbeitung seines Lebens bis 45. Er schrieb später noch ein zweites Werk über die darauf folgende Zeit in Frankreich. Ich las sein (anscheinend) Hauptwerk in den letzten Tagen mehr oder weniger schnell und bin beeindruckt. Nicht nur ist sein Leben als solches und dargestellt in den nackten Fakten faszinierend, seine literarische Bearbeitung ist desgleichen von einer schwer beschreibbaren Wucht. Glaser ist kein hochgebildeter Mann, er ist autodidaktisch gebildet und schreibt mit der Offenheit einer (wenn auch wohl künstlichen) mündlichen Sprache. Er hat nicht das Sprachtalent eines Camus, Sartre oder Faulkner, aber dies will er wohl auch gar nicht haben. Neruda meinte der Dichter dürfe keine Angst vor dem Volke haben, Glaser ist Teil eben dieses Volkes, er braucht sich nie dieser Maxime zu erinnern, da sie ihm inhärent ist. Sein Werk ist autobiographisch, aber keine Autobiographie. Anders als Malraux oder Hemingway sind seine Erfahrungen aber nicht nur Basis eines Romans, sondern stecken vielmehr den engen Rahmen seiner Erzählung ab. Manche der Kurzgeschichten Hemingways (die Nick Adams Stories oder Snows of Kilimanjaro) erscheinen mir vergleichbar, aber letztlich bleibt Glasers Roman etwas eigenes.
Dieser Roman ist fraglos das (bisher) beste (deutsche) Buch, was ich bisher über die Zeit des dritten Reiches gelesen habe. Es ist ihm wohl leider nie die Aufmerksamkeit gewidmet worden, welche er verdient hätte. Im Internet sind wenig und nur rudimentäre Texte über ihn vorhanden. Im französischen Wikipedia gibt es nicht mal mehr einen Eintrag über ihn, im deutschen nur einen kurzen. Vielleicht ändere ich dies noch.
Noch ein wenig Primär- und Sekundärliteratur:
- ein Nachruf aus der Zeit
- un entretien dans le taz malheureusement traduit vers le français
- Glaser par Glaser, Koestler par Glaser
- Rebell unter Renegaten - ein Saarbrücker Gespräch
- Une jeunesse allemande
Geheimnis und Gewalt ist die literarische Aufarbeitung seines Lebens bis 45. Er schrieb später noch ein zweites Werk über die darauf folgende Zeit in Frankreich. Ich las sein (anscheinend) Hauptwerk in den letzten Tagen mehr oder weniger schnell und bin beeindruckt. Nicht nur ist sein Leben als solches und dargestellt in den nackten Fakten faszinierend, seine literarische Bearbeitung ist desgleichen von einer schwer beschreibbaren Wucht. Glaser ist kein hochgebildeter Mann, er ist autodidaktisch gebildet und schreibt mit der Offenheit einer (wenn auch wohl künstlichen) mündlichen Sprache. Er hat nicht das Sprachtalent eines Camus, Sartre oder Faulkner, aber dies will er wohl auch gar nicht haben. Neruda meinte der Dichter dürfe keine Angst vor dem Volke haben, Glaser ist Teil eben dieses Volkes, er braucht sich nie dieser Maxime zu erinnern, da sie ihm inhärent ist. Sein Werk ist autobiographisch, aber keine Autobiographie. Anders als Malraux oder Hemingway sind seine Erfahrungen aber nicht nur Basis eines Romans, sondern stecken vielmehr den engen Rahmen seiner Erzählung ab. Manche der Kurzgeschichten Hemingways (die Nick Adams Stories oder Snows of Kilimanjaro) erscheinen mir vergleichbar, aber letztlich bleibt Glasers Roman etwas eigenes.
Dieser Roman ist fraglos das (bisher) beste (deutsche) Buch, was ich bisher über die Zeit des dritten Reiches gelesen habe. Es ist ihm wohl leider nie die Aufmerksamkeit gewidmet worden, welche er verdient hätte. Im Internet sind wenig und nur rudimentäre Texte über ihn vorhanden. Im französischen Wikipedia gibt es nicht mal mehr einen Eintrag über ihn, im deutschen nur einen kurzen. Vielleicht ändere ich dies noch.
Noch ein wenig Primär- und Sekundärliteratur:
- ein Nachruf aus der Zeit
- un entretien dans le taz malheureusement traduit vers le français
- Glaser par Glaser, Koestler par Glaser
- Rebell unter Renegaten - ein Saarbrücker Gespräch
- Une jeunesse allemande
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