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Sunday, October 31, 2010

Laubsturm

Gabriel García Marquez Laubsturm ist eine kurze Novelle, welche Teil der von meinem Großvater mir vererbten Büchersammlung ist. Es ist ein sehr ansprechendes Buch, vor allem in seiner Erzählweise aber auch in seiner nüchternen und trotzdem sentimentalen Betrachtung des menschlichen Daseins. Diese Kombination scheint nicht möglich zu sein, ist es aber, sie erinnert mich auch stark an meine Lieblingsautoren, romantisierende, die Vergangenheit glorifizierende Schriftsteller, welche Grausamkeiten wiedergeben. Marquez erzählt hier wenig an Aktion, drei Generationen einer Familie sitzen in einem Zimmer und wachen am Sarg eines Toten und während nichts passiert erzählen diese drei in ständig wechselnden Erzählperspektiven wer sie sind und was sie in ihrem Leben getan haben und vor allem wie unterschiedlich sie die gleiche Angelegenheiten wahrnehmen.

Ich habe ja bisher nicht viel lateinamerikanische Autoren gelesen (eigentlich nur Marquez, Neruda und Donoso) war aber dafür jedes Mal sehr angetan. Vielleicht doch einen Grund mein Spanisch ein wenig aufzubessern (oder auch, weniger euphemistisch, damit beginnen es zu lernen).

Wednesday, October 27, 2010

Die Mutter

Maxim Gorki scheint, so weit ich das nach der oberflächlichen Lektüre zweier Artikel verstehe, oft als treuer kommunistischer Schreiber kritisiert werden. Er gilt als ein Schriftsteller der den sozialistischen Realismus prägten sich aber durch seine ideologische Treue intellektuell selber im Weg stand. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieser Meinung, nachdem ich Die Mutter gerade beendet habe, beistimmen kann.

Gorki ezählt in diesem Roman die Geschichte einer älteren Frau, welche in ihrem ganzen Leben von ihrem Mann und indirekt vom industrialisierten-kapitalistischen System mißhandelt wurde. Nach dem Tod ihres Mannes, wird ihr Sohn zu einem führenden Sozialisten und reißt in seinem Bugschwall seine Mutter mit. Sie wird glücklicher, gebildeter, lernt eine neue Umgebung kennen und schätzen, sie verändert von Grund auf ihr Leben am Ende desselben.

Diesen Weg zeichnet Gorki für uns nach mit all seinen Nebenfiguren, Revolutionären und solchen die es erst noch werden wollen. Sicherlich sind seine Charaktere holzschnittartig, sein Menschenbild naiv. Kaum eine Romanfigur entwickelt eine Persönlichkeit und mit wenigen, kaum genauer geschilderten, Ausnahmen sind alle Menschen gut und dem Sozialismus über aufgeschlossen. Das, was man ihnen noch vorwerfen könnte sind Unwissen und Feigheit, aber in beiden Fällen genügt ein kleiner Ruck und der Mensch weiß, wo er stehen muß.

Aber Die Mutter ist mehr als dieses sozialistische Wandgemälde, er beschreibt auch eine historische Wahrheit oder eher historische Wahrheiten. Einerseits das Leben Leiden der arbeitenden bzw Landbevölkerung im Russlan des frühen 20. Jahrhunderts, welches in seiner Kastenhaftigkeit schreckenserregend ist. Andererseits die Hoffnung und das Vertrauen, welches viele Menschen angesichts der eben zitierten Umstände in de Sozialismus legten, ihre Überzeugung, daß dieser zu einer utopisch gerechten und egalitären Gesellschaft führen würde. Nein, natürlich irrten sie sich, aber wer kann ihnen ihren Utopismus verdenken angesichts der Staatsgewalt gegenüber simpler und friedlich vorgetragenen Forderungen? Das Porträt, welches Gorki von diesen Verhältnissen zeichnet, ist überzeugend und stimmig, so deprimierend es auch sein mag.

Letztlich bleibt anzumerken, daß einige Anmerkungen verschiedener Charaktere durchaus auf die möglichen Konsequenzen einer Revolution hinweisen. Auch wenn das Ausmaß des später folgenden Blutbades sowohl Gorki als auch seine Romanfiguren geschockt hätte, zeigen sie trotzdem, daß sie sich der Gefahr bzw der Möglichkeit eines solchen Ausgangs durchaus bewusst sind. Nur glauben sie ja einerseits an die darauf folgende Utopie und andererseits bleibt festzustellen, daß si ja kaum andere Möglichkeiten ergreifen können angesichts ihrer Unterdrückung.

Ich habe selten einen Roman gelesen, welcher in diesem Maße von der Geschichte eingeholt wurde, welcher in diesem Maße desavouiert wurde. Aus heutiger Sicht sind viele der Annahmen und Hoffnungen der Charaktere abwegig, ja abstrus und grausam, aber Die Mutter ist ein Kind ihrer Zeit. Sie muß in den Maßstäben ihrer Epoche beurteilt werden und wenn man dies berücksichtigt ist es aufschlußreicher, lohnenswerter, ja großer Roman.

Sunday, October 24, 2010

Europe blog

I have started writing on another blog over at the Foreign Policy Association. You can find said new blog here: http://europe.foreignpolicyblogs.com/

Sunday, October 17, 2010

Caramelo

While not really Tex-Mex, Sandra Cisneros who is Mexican-American and now lives in San Antonio (after having grown up between Mexico City and Chicago, seemed to fit my stint in Austin quite well. I hadn't read any chicano literature before and was curious to see how I would be able to relate to it. I needn't have worried. Cisneros' Caramelo seems to some extent mirror her life's writing, she tells of growing up neither Mexican, nor American, as the only girl in a family of seven kids, not to forget living in near-poverty. Her book is more than a coming-of-age story though, it mixes the life stories of not just her young protagonist, but also her father, (especially) her grandmother, her grandfather and (limitedly) other members of her family. Throw in some tidbits of Mexican and US border history that I was little aware of and you have a fascinating tale spun by an interesting writer immersing her English with Spanish words and sentences.

Monday, October 11, 2010

Das christlich-jüdische Erbe

Es ist schon ein Kreuz mit der Zeit, da leiste ich mir ein relativ teurer Auslandsabonnement um auch in Frankreich in Papierform auf dem Laufenden zu bleiben, was in Deutschland so an Wichtigem passiert, und dann muß ich mich über die ständige Beweihräucherung Helmut Schmidts oder andere Artikel ärgern. Auch dieses Wochenende wieder.

Ulrich Greiner kommentiert Bundespräsident Wulffs Versuch den Islam als Bestandteil Deutschlands zu bezeichnen. Wo kommen wir denn da auch hin! Nein, so platt ist Herr Greiner natürlich nicht, aber irgendwie sagen tut er das schon und seine Argumente hierfür sind so löchrig wie immer bei diesen nationalgläubigen Propheten (ok, jetzt werde ich polemisch, tut mir leid, aber nationalgläubig muß man ja schon sein, um einen solchen Artikel zu schreiben).

Was also meinte Wulff?

"Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland, das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland, aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Der Atheismus sicherlich auch, aber den erwähnt er nicht. Was wäre nun sonst daran auszusetzen? Greiner meint, "er verwischt auf ungute Weise die Unterschiede. Das würde, wenn er recht hätte, darauf hinauslaufen, dass wir nicht mehr in gewohnter Weise von der christlich-jüdischen Kultur, aus deren langer Tradition wir kommen, sprechen dürften." Da ist die FR schon weiter:

Die aktuellen Ausflüge von CDU-Politikern in die deutsche Kultur- und Religionsgeschichte betrachtet der Frankfurter Erziehungswissenschaftler und frühere Direktor des Fritz Bauer Instituts, Micha Brumlik, als wohlfeile Rhetorik. Man habe sich hierzulande aus Gründen der politischen Korrektheit angewöhnt, von christlich-jüdischer Tradition zu sprechen. Dabei werde nur allzu leicht übersehen, dass die Juden in Europa über lange Zeiten hinweg sehr unter dem Christentum gelitten haben. „Wenn man fragt, ob es eine deutsch-jüdische Symbiose gegeben habe, so muss die Antwort lauten: Nein“, sagte Brumlik der Frankfurter Rundschau.

[...]

Die Bezugnahme auf die christlich-jüdische Tradition stellt für Brumlik eine euphemistische Verkürzung der Geschichte dar. Eine hegemoniale christliche Kultur habe es in Deutschland nicht gegeben.


Greiner versucht dann hanebüchener Weise einen Zusammenhang zwischen Gewaltenteilung und Christentum aufzubauen:
Die[...] Gewaltenteilung geht zurück auf das Alte Testament, in dem die Propheten als Sprecher Gottes den weltlichen jüdischen Herrschern oftmals in den Arm fallen. Sie gipfelt in dem Satz von Jesus: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt.« Sie findet ihre Ausarbeitung bei Augustinus und seiner Lehre von den zwei Reichen. Es war der Augustinermönch Luther, der diesen Gedanken gegen eine Kirche stark machte, die ihn vergessen und die politische Gewalt usurpiert hatte.

Also, die Kirche hatte die Gewaltenteilung zwar ca 1,500 Jahre ignoriert, aber es ist natürlich trotzdem eine urchristliche Idee. Alles klar.

Und weiter im Text:
Und wer im Grundgesetz [...]liest, der findet zwei Sätze, die unser Selbstverständnis ebenso lapidar wie grandios enthalten: »Die Würde des Menschen ist unantastbar« (Artikel 1.1) und »Die Freiheit der Person ist unverletzlich« (2.2). Sie sind nicht denkbar ohne jenes Verständnis von der uneingeschränkten Verantwortlichkeit der Person, das seine Wurzeln in der Philosophie der Antike hat und schließlich in der Aufklärung zu neuer Entfaltung kam.

War denn die Antike jüdisch oder christlich? Ich bin mir da gerade nicht mehr wirklich sicher.

Was soll man da noch groß dazu sagen? (Fast) Alles was die westliche oder deutsche Kultur heutzutage ausmacht wurde doch letzten Endes gegen das Christentum errungen - die Gleichberechtigung der Frauen, der Schutz von Minderheiten, die sexuelle Freiheit des Einzelnen, der Individualismus (was mach auch immer davon halten mag). Einige moralische Grundsätze gibt es vielleicht noch, aber ob die nicht vielmehr universal sind und in anderen Religionen im gleichen Maße erhalten sind, muß mir auch erst mal noch jemand beweisen.

Das Ihr nicht wollt, daß der Islam Teil Deutschlands sei mag ja legitim sein (also für Euch, nicht für mich), aber dann laßt Euch doch bitte ein paar vernünftigere Argumente einfallen als diese ewige Leierei von den angeblich so prominenten jüdisch-christlichen Traditionen.