My photo
Berlin, Frankfurt, Paris, Chapel Hill, Boston, Istanbul, Calgary, Washington DC, Austin, Tunis, Warszawa and counting

Monday, September 27, 2010

Der gernegroße Nick

Die Zeit geht Sarkozy direkt an in ihrer aktuellen Ausgabe. Als solches gibt es da wenig dagegen zu sagen - ethnisch-begründete Ausweisungen, die Woerth-Bettencourt und der wiederholte Missbrauch des Geheimdienstes um nur die nicht inhaltlich begründeten Skandale zu erwähnen - und ich bin der letzte der sich zum Verteidiger des französischen Präsidenten aufschwingen wird. Dennoch einige kritische Anmerkungen, da inhaltliche Unsauberkeiten in diesem Themenbereich oft zu selbstbeweihräuchernden - oder auch einfach: falschen - Interpretationen führen.


Sarkozy bedient jene antieuropäischen und xenophoben Reflexe, die für Merkel und ihre modernisierte CDU tabu sind.

Stimmt wohl in Bezug auf die CDU (also die CSU ausklammernd) aber auch da nur für die xenophoben Reflexe (und selbst dies gilt nur mit Einschränkung in Anbetracht der schnell beendeten Diskussion über die von wirtschaftsnahen Politikern geforderte verstärkte Immigration - 'man solle entstehende Arbeitsplätze erstmal mit den hiesigen (deutschen) Arbeitslosen füllen'). Der angebliche antieuropäische ist um einiges weniger nachvollziehbar, Sarkozy hat sich schließlich schnell von den Kommentaren seines Ministers Lellouche distanziert, welcher die Kommission als Hüterin der Europäischen Verträge direkt angegriffen. Wer nun an die deutsche Diskussion um finanzielle bzw monetäre Hilfe denkt und an die Resistenz der deutschen Regierung früh, entscheidend und nachhaltig (institutionell!) in dieser Krise einzugreifen, sieht sich mit der Tatsache konfrontiert, daß Merkel Sarkozy auf der Messskala der Europa(un)freundlichkeit kaum übertrumpft; ja vielleicht sogar weniger interessiert als dieser an weiterer Integration ist (siehe die französischen und deutschen Positionen in Bezug auf die GASP sowie eine zukünftige stärkere wirtschaftliche und Steuerregulierung.


Von Einwanderern wird ausdrücklich 'Assimilation' verlangt.

Ausgerechnet Frankreich [...] ist auf die Völkerwanderung unserer Zeit nicht seelisch vorbereitet.

Beide Aussagen sind nicht wirklich falsch, aber leider sehr verkürzend ja verzerrend. Assimilation wird natürlich in Deutschland (und den meisten anderen Länder der westlichen Welt) auch verlangt, daß dies der falsche Weg ist, stimmt wohl, aber es macht aus Frankreich keinen besonders bemerkenswerten oder hervorzuhebende Fall. Die Völkerwanderung unserer Zeit endet ja aufgrund diverser (Abscheu erregender) EU-Richtlinien und Abkommen meist weiter im Süden und betrifft weder Frankreich noch Deutschland. Warum Frankreich auf diese nun aber schlechter vorbereitet sein soll als die Niederlande (Geert Wilders wohl bald in der Regierung), Schweden (eine rechtsextreme Partei neuerdings im Parlament!) oder Deutschland (Sarrazin, erinnert sich noch einer an die CDU-Polemik gegen die Doppelstaatsangehörigkeit?) ist mir nicht recht klar.

No comments: