Ich habe von Thomas Mann immer noch nicht seine großen Klassiker Der Zauberberg und Doktor Faustus gelesen, eine Bildungslücke, die ich irgendwann bald angehen muß, aber durch Zufall stieß ich letztens auf ein kleines Büchleins Manns Königliche Hoheit, was jemand - ich weiß leider nicht mehr wer - auf Twitter empfohlen hatte. Da ich gebrauchte Bücher bekanntlich en masse kaufe, griff ich auch hier in einem meiner Lieblingsgebrauchtebücherläden Berlins (in der Bergmannstraße und mit einem unglaublich unhöflichen Verkäufer versehen, vive die Servicewüste Berlin!).
Königliche Hoheit ist ein wirklich merkwürdiges Buch, ich kann nicht behaupten, daß es mir sehr gut gefallen hätte, auch wenn es wirklich nicht schlecht war und sich gut und schnell lesen ließ. Wikipedia redet viel von den autobiographischen Zügen des Romans, die mir aus Unkenntnis nicht aufgefallen waren. Ich nahm viel mehr eine bizarre Liebesgeschichte - ein Märchen wirklich - zwischen dem Repräsentanzprinzen eines verarmten deutschen Kleinstaates und Tochter eines amerikanischen Multimillionärs, welche gemeinsam - und mit dem Geld des Vaters - die hohe Staatsverschuldung angehen.
Abgesehen von gerade heute immer passenden (Eurokrise!) Witzen über die anscheinend kulturelle deutsche Obsession mit Schulden, läßt der Roman den Leser - mich - mit vielen Fragen zurück. Will Mann das verkrustete wilheminische Deutschland mit einer Kreuzung mit dem amerikanischen Kapitalismus - deutscher Abstammung - sanieren? Wahrscheinlich doch oder? Was soll uns die Verkrüppelung des prinzlichen Haupcharakters sagen? Was die Schwächlichkeit seines älteren Bruders, die Verrücktheit der Mutter? Ist das alles ein Ausdruck der inzestösen kaputten Gesellschaft am Anfang des 20. Jahrhundert, die genau zehn Jahre später spektakulär in der Novemberrevolution untergeht. In dem Fall wäre Mann ja visionärer als ich es ihm zugetraut hätte.
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