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Tuesday, April 16, 2013

Kein schönes Land in dieser Zeit

Mehmet Gürcan Daimagülar ist eine Art deutsch-türkischer Modell Hans in allen Gassen. Arbeitete als einer, wenn nicht der erste, Deutsch-Türke im Bundestag, war im Bundesvorstand der FDP, war als Berater bei Boston Consulting tätig, studierte in Harvard und an Yale und arbeitet heute als Partner einer Kanzlei in Berlin. Er vertritt im Rahmen dieser Tätigkeit (oder freiberuflich, ich weiß es nicht) mindestens drei der Opfer der NSU. Außerdem hat er ein Buch geschrieben: Kein schönes Land in dieser Zeit - Das Märchen von der gescheiterten Integration.

Der Autor betreibt in diesem Buch eine Art Amalgam zwischen seiner Kindheit und Jugend im Rheinland, seiner darauffolgenden Karriere und den gesellschaftlichen Problemen mit der Integration der Deutsch-Türken. Die Einwanderung seiner Eltern findet Erwähnung und auch seine persönlichen Erfolge bzw Rückschläge werden wiedergegeben.

Das Buch hat eine seltsam zweigeteilte Nachricht, die der Autor rüberzubringen versuchen zu scheint. Erstens (fangen wir mit der negativen an) positioniert er sich gerne als Erfolgsbeispiel, als einer der besser Deutsche spricht als viele Deutsche, der auf einen breiten Fundus von deutscher (zT westlicher) Hochkultur zurückgreifen kann. Das stimmt zwar einerseits einfach, andererseits ist es aber ein wenig zu sehr gesucht, zu selbstdarstellerisch und noch karikariert durch eine kaum überzeugende Bescheidenheit (à la: Was habe ich denn? Wer bin ich denn?).

Dies ist nur um so mehr unnötig als daß Daimagülars Parcours ja für sich selbst spricht. Wem sollte er denn noch etwas beweisen wollen? Ich hoffe doch, daß wenigstens ein Mann in seiner Position auch als Deutsch-Türke, dies nicht mehr nötig hat.

Viel wichtiger jedoch ist die zweite Nachricht, die der Autor rüberbringen will: Das Märchen von der gescheiterten Integration. Sein Buch ist in vielerlei Hinsicht als Antwort auf Sarrazin zu verstehen. Er beschreibt ja nicht nur sich selbst als Beispiel erfolgreicher Integration und vor allem auf beruflichen Aufstiegs, sondern versucht auch etwas Realität in die deutsche Debatte zu diesem Integrationsthema einzubringen. Eine Realität, welche Integrationsprobleme beinhaltet, aber eben vor allem auch einen Staat und seine Mehrheitsgesellschaft darstellt, welche bis vor sehr kurzer Zeit ihren Status als Einwanderungsland einfach nicht wahrnehmen wollte. Eine Realität, welche existierende Integration ins Extreme verzerrt ohne sich des im Vergleich zu vielen anderen Ländern ruhig ablaufenden Integrationsprozesses bewußt zu werden.

Gelingt ihm das? Bei mir rennt er mit seinen Argumenten zu Kopftüchern, Religion im Allgemeinen und der Notwendigkeit der deutschen Mehrheitsgesellschaft auch integrieren zu wollen und nicht nur zu verlangen natürlich offene Türen ein. Und ich befürchte, daß abgesehen von einem sehr amüsanten provozierenden Eingangstext, der Rest des Buches zwar absolut zutreffend ist in seiner differenzierten Einschätzung des Integrationsprozesses in Deutschland, aber eben auch nur von jenen gelesen wird, die sowieso schon damit einverstanden sind.

Für mich war es nichtsdestotrotz interessant diese Integrationsgeschichte aus Sichtweise eines Deutsch-Türken erzählt zu bekommen. Auch wenn mir vieles nicht neu war, so ist der Blickwinkel doch ein anderer. Und auch wenn Daimagülar kein herausragender Autor im Sinne seines literarischen Stiles ist, so liest sich sein Buch doch leicht und fesselt den Leser, ob seiner Sichtweise eines beruflich erfolgreichen Deutsch-Türken, welche im Rahmen der deutschen Mehrheitsgesellschaftsmedien immer noch viel zu kurz kommt.

Monday, April 01, 2013

Solaris

Ich lese zugegebenermaßen - leider? - kaum noch fantastische Romane. Solaris von Stanisław Lem war in der Hinsicht eine absolute Ausnahme. Das kleine Büchlein, welches ich fast in einem durch las, war aber nicht richtig packend, sondern sogar angst einflößend! Lem beschreibt den - gegenseitigen? - Versuch der Kontaktaufnahme einer zukünftigen Menschheit und einem intelligenten außerirdischen Wesen. Er greift hierbei nicht nur direkt die simplistischen sonstigen außerirdischen Fantasiegestalten, welche in dem meisten Fällen zwar vielleicht grün sind, sonst aber Menschen ähneln. Obendrein gelingt es ihm seine Charaktere mit ihrer tiefsten Furcht zu konfrontieren und hierdurch selbst dem abgehärteten Leser Angst einzujagen. Eindrucksvoll.